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Théodore Étienne Pierre Rousseau

Paysage panoramique au coucher de soleil, 1831–1833

Öl auf Papier auf Leinwand aufgezogen
1631
Monogrammiert unten links: TH. R.
Paysage panoramique au coucher de soleil, 1831–1833

Die Natur hatte auf Théodore Rousseau eine magische Anziehungskraft. Er war darauf bedacht, sie in ihrer ganzen Vielfalt und Komplexität zu erfassen, wobei besonders das Ringen mit dem Licht den Maler zeitlebens beschäftigte – so auch in diesem Frühwerk, das auf Papier vor der Natur entstanden sein wird. Der Vordergrund ist dunkel gehalten, eine Darstellungsweise, auf die der Künstler auch in späteren Werken noch zurückgreifen wird. Dahinter gliedert sich die sommerlich anmutende Landschaft in knappe horizontale Abschnitte aus Feldern und Baumreihen. Die menschliche Existenz wird nur beiläufig in Form einer winzigen Staffage in der Senke unten rechts angedeutet. So, wie der Mensch gegenüber der Natur zurücktritt, scheint sich auch die Landschaft gegenüber dem Himmel zu verhalten. Dieser nimmt knapp über die Hälfte des Bildausschnittes ein und ist nahe der am Horizont aufragenden Bäume in warmen Gelbtönen gehalten – eben jene Farbtöne, die sich auch in den Feldern des Mittelgrundes in Verbindung mit zurückhaltendem Grün wiederfinden. Nach oben hin wird ein in feinen Nuancen abgestimmter Übergang in das kühle Blau geschaffen, von dem sich die noch von der Sonne angestrahlten Wolken in zarten Rottönen abheben. Entgegen der horizontalen tiefen Staffelung ziehen die Wolken diagonal über die Felder und verleihen dem Bild seine Dynamik. Das um 1832 entstandene Werk steht am Anfang einer nicht aufzuhaltenden künstlerischen Entwicklung in der Landschaftsmalerei, in der Rousseau eine tragende Rolle einnehmen wird. Wenige Jahre zuvor hatte sich der Künstler im Alter von 17 Jahren gegen die vorherrschenden akademischen Konventionen einer historischen Landschaftsdarstellung gestellt. Diese konnte er im Atelier Rémonds1, in das er 1828 eingetreten war, studieren und ebenfalls bei Guillon-Lethière2, der ihn auf die Bewerbung für den Rompreis3 vorbereiten sollte. Dieses Ziel gab der junge, aber entschlossene Maler jedoch für das Studium vor der Natur auf und bereiste stattdessen den Wald von Fontainebleau, die Auvergne und die Normandie, um vor der Natur zu arbeiten.4 Auch wenn anfänglich noch vereinzelt Werke von ihm im Salon aufgenommen wurden, begann ab 1835 eine systematische Ablehnung seiner Kunst durch die etablierten Kräfte, was ihn unter anderem dazu bewog, im gleichen Jahr nach Barbizon zu ziehen. Erst mit Beginn der Zweiten Französischen Republik nach der Februarrevolution 1848 war der Zugang zum Salon frei, in dem Rousseau fortan Mitglied wurde.5

In dieser Zeit, in der Rousseau der Zugang zum Salon verwehrt blieb, schrieb der Dichter, Schriftsteller und Kunstkritiker Théophile Gautier6:

„Rousseau wurde abgewiesen (…) er ist wahrscheinlich einer unserer besten Landschaftsmaler und ganz gewiss einer der kühnsten und originellsten. Sie haben wohl Angst vor Ihm, meine Herren Bidauld und Victor Bertin?“7

Gautier selbst hatte neben seinen Kunstkritiken und Kommentaren zum Salon auch mehrere Werke über Ästhetik verfasst und trat regelmäßig für die romantischen Landschaftsmaler, aber auch für Rousseau und die aufkeimende Schule von Barbizon ein.8 Die Wertschätzung für den jungen Künstler belegt auch unser Gemälde, dass Gautier so sehr geschätzt haben muss, dass es Eingang in seine private Sammlung fand.

Fußnoten

  1. Jean-Charles-Joseph Rémond (1795–1875).

  2. Der neoklassizistische Maler Guillaume Guillon-Lethière (1760–1832) bekleidete zu dieser Zeit eine Professur an der Pariser Akademie.

  3. Der Prix de Rome de paysage historique wurde auf Betreiben von Pierre-Henri de Valenciennes 1810 ins Leben gerufen und ermöglichte es jungen Malern, mit Hilfe des Stipendiums nach Rom zu reisen – dies allerdings im strengen Kontext der vorherrschenden Idee einer historischen Landschaftsmalerei.

  4. Schulmann 1999, S. 356.

  5. Ebenda, S. 366.

  6. Pierre Jules Théophile Gautier (1811–1872) schrieb als beauftragter Kunstkritiker zahlreiche Artikel für LʼArtiste, Le Moniteur und La Press.

  7. Kat. Ausst. Corot, Courbet und die Maler von Barbizon. „Les amis de la nature“, Haus der Kunst München 1996, München 1996, S. 35.

  8. Ebenda, S. 35.

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